#karuta – Mein Tag als Haiku ist ein Musik- Poesie- und Kunstprojekt, das auf einmalige und innovative Weise Komposition, Neue Musik, Dichtung, Digitales Lernen, social media, Szenisches Arbeiten, Grafik, Achtsamkeitstraining und Lernen im Spiel verbindet. Motivation und Ziel war es, ein innovatives multidisziplinäres Projekt für GrundschülerInnen zu schaffen, das vom Texteschreiben bis zur Aufführung einen gesamten Produktionszyklus eines sogenannten „Gesamtkunstwerks“ umfasst. Das Projekt richtete sich an 150 Schülerinnen und Schüler der S7-Klassen (JÜL 1.-3. Klasse) und 5. und 6. Klassen der Allegro-Grundschule – eine musikbetonte Grundschule, in der etwa die Hälfte der ProjektteilnehmerInnen an der Schule ein Instrument erlernt. Die Allegro-Grundschule ist zudem eine inklusive Grundschule und hat einen Anteil von ca. 80% Kindern NDH.

Alles begann mit Bildern aus der unmittelbaren Lebenswelt der Kinder. Zu Beginn des Jahres 2019 wurde für das Projekt in den teilnehmenden Klassen ein Instagram-Kanal eingerichtet. Hier sammelten die teilnehmenden Kinder fotografische Fundstücke aus ihrem Alltagsleben, bewerteten später im Unterricht die Bilder und kuratierten so einen poetischen Tagesablauf. Ausgehend von Jan Wagners Haiku-Gedicht „teebeutel“ wurden sie durch die DichterInnen Jan Wagner, Karla Reimert Montasser und Julia Dorsch mit der japanischen Verskunst des Haikus vertraut gemacht und lernten den Tag mit den Augen eines Haikudichters zu erforschen und selbst Haikus zu schreiben. Mit der Graphikerin Dorothée Billard wurden mit den Kindern Grafiken zu den Haikus entworfen, die später wiederum als Spielpartituren für Kompositionen dienten. Der Regisseur Tobias Ribitzki entwickelte mit den Kindern aus dem Karuta-Poesiespiel eine szenische Aufführung, die in der Jugendfreizeiteinrichtung Pumpe e.V. sowie in Teilen auf dem poesiefestival berlin in der Akademie der Künste aufgeführt wurde. Alle Ergebnisse flossen daraufhin ein in ein traditionelles japanisches Kartenspiel: das Karuta, das vom Haus für Poesie zum weiteren Gebrauch im Unterricht weiterentwickelt und als nachhaltiges und wiederverwendbares Lehrmaterial produziert wurde.
Haikus:
Prelude
Wasserglas
Es ist durchsichtig.
Es hat ein schönes Muster.
Es ist ein Familienglas.
Lea 4a
Mein Handy
Ich mache Selfies.
Schicke sie meiner Tante.
Sie fühlt sich dann gut.
Delveen 4a
Das Album
Kinderfotos von mir.
Mama hat es mir geschenkt.
Es ist noch viel Platz.
Sophia S7
Morgen
Aufwachen
Der Wecker piepst früh.
Manchmal bin ich zu müde.
Ich mag die Schule.
Nelson S7
Meine Schuhe
Schwarz mit Nike Zeichen.
Lieber mag ich Adidas.
Ich liebe Schuhe.
Ibrahem 6b
Frühstücksmüsli
Frühstück schmeckt süßlich.
Himbeerschiffe auf Milchsee.
Ich fühle mich frei.
Philaphat 6b
Drei Vasen
Drei Vasen mit Blumen stelle ich auf einen Tisch. Wenn ich das Haus verlasse.
Die sieht niemand.
Alle gehen vorbei.
Mahmoud 4a
Schule
Meine Schule
Ein großer Schulhof
Sie hat viele Projekte
Dort sind die Freunde
Victoria 6b
Die Klasse
Alle bemühen sich
Manchmal ist es ärgerlich.
Die Klasse ist toll.
Dicle 5b
Meine Federtasche
Sie ist immer voll.
Manchmal ist sie unordentlich.
Ich lerne sehr gern.
Alma S7
Stift in meiner Hand
Mein Spitzer ist schnell.
Massage in meiner Hand.
Der Stift wird sehr klein.
Thiess S7
Mein Lieblingsort ist Unterwegs
Besuch im Schwimmbad
Unterricht in der Schule
Ich bin unterwegs
Farhad 5b
Pause
Die Bank
Mein Lieblingsort hier.
Schaue mir die Schule an.
Freunde sind wichtig.
Polina 5b
Mein Kreisel
Mein Kreisel ist klein.
Er hat eine Metallspitze.
Man kann sich verletzen.
Er dreht sich sehr schnell.
Ich kann am längsten drehen.
Damit gewinne ich.
Ich ziehe ihn ab.
Meine Lehrerin mag ihn nicht.
Schule ist Arena.
Efe S7
Mittag
Mein Besteck
Ich habs geerbt.
Von Uroma, Oma und Mama.
Es ist aus Silber.
May S7
Spielzeug
Mein Meer aus Spielzeug
Ein Schrank für Spiele.
Ich öffne ihn jeden Tag.
Ich brauche ein Schiff.
Astou S7
Eine Waffe zum spielen
Braun und Schwarz ist sie.
Die bunten Superhelden.
Coole Pistole.
Mohamed 4a
Ohne Titel
Rot und Gelb. Stifte.
Im grauen Regenwetter
Sollen sie helfen.
Mahmoud 4a
Sport und andere Freizeitvergnügen
Mein Fußball
Damit spiele ich.
Ich will viel Geld verdienen.
Für Deutschland spielen.
Curtis 6b
Mandalas
Mandalas malen.
Muster entstehn, einfach so.
Dann bin ich entspannt.
Zara 5b
Ohne Titel
Die Heizung ist warm.
Ich habe guten Ausblick.
Mama stellt sie hoch.
Heizung im Zimmer.
Ich höre gern Musik dort.
Ich liege darauf.
Benito S7
Das Haus meiner Oma
Es ist ruhig oben.
Im Keller tobt ein Gespenst.
Ich mag den Dachboden.
Bücher von Mama.
Da steht auch ein altes Bett.
Ich kann entspannen.
Dunja 5b
Musik
Meine liebe Geige
Spiele ich schon lang.
Zeit hat der Mensch nur wenig.
Mit Geige ist es Jetzt.
Ich übe allein.
Wenn nicht, dann bin ich ganz leer.
Ich sorge für mich.
Stimmen sind viele.
Ich übe in der Stille,
laut im Orchester.
Anna 5b
Die Klarinette
Fließende Töne.
Reisend auf der Tonleiter.
Musik, Melodie.
Tiere
Goldfische glänzen.
Das Futter riecht nach Fisch.
Wie beruhigend.
Selina 5b
Kakerlaken
Die Schaben fauchen.
Ohne Kopf überleben.
Sie fressen fast nie.
Achatschnecke
Streifen und Punkte.
Haus, gefleckt wie ein Gepard.
Keine große Jägerin.
Bengalkatzen
Liesel und Lotte.
Stammen von Wildkatzen ab.
Sie kuscheln sehr gern.
Max 5b
Medien
Pixel
Das ist mein Handy.
Das Bild ist anders gemalt.
Nie ohne Handy.
Kristiana 4a
Nachmittag
Schule, Fernseher.
Manchmal laufe ich vorbei.
Zu den Geschwistern.
Helin 4a
Mein Handy
Tiktok kunterbunt.
Trüb sind manchmal Nachrichten.
Das ist ganz verrückt.
Lily 4a
Mein Tablet
Ich schau Videos
Ich hab kein Internet mehr
Ich bin ganz traurig
Nicole 4a
0%
Mein liebstes Spielzeug
Ich habe kein Akku mehr
Das ist ganzschön doof
Julie, 4a
PS4
Aus Plastik geformt
Oh, warm und fast kuschelig.
Liegt gut in der Hand.
Abdul Hadi 4a
Zocken
Meine Playstation
Mit Partner ist es besser
Noch nie verloren
Vijaypal 4a
Videos
Ich schaue Fortnite.
Ich verstecke mich im Busch.
Ein gutes Gefühl.
Selim 4a
Spielen
Spiele mit Freunden
Ich habe sehr viele skills
Ich überlebe
David 5b
Arbeit
Kochen mit Papa
Schleifen und Schnippeln.
Das ist ein scharfes Werkzeug.
Ich mag das Messer.
Otto 4a
Ich liebe die Türkei
Oma und Onkel
Ich helfe an der Kasse
Ich liebe rechnen
Murat 5b
Ginger Ale und Eistee
Unser Restaurant.
Ich helfe meinen Eltern
trink süß und sauer.
Alisa 6b
Nacht
Mein Bett
Man kann es aufklappen.
Süßigkeiten verstecken.
Für drei, vier Kinder.
Esohe S7
Bett mit Kuscheltieren
Wir spielen im Bett.
Die Tiere fahren weit weg.
Sie machen sich heil.
Christina S7
Die Leselampe
Die Nacht ist dunkel.
Die Lampe wird langsam hell.
Ich habe ein Geschenk.
Frieda S7
Fast wie im Himmel
Mit Mama im Hochbett.
Im Ohr der Schlafmaus ein Riss.
Man sieht die Sterne.
Malia S7
Karuta ist ein Kartenspiel japanischen Ursprungs, welches auf der Zuordnung von Texten und von Bildern basiert. Es gibt in jeder Runde zwei spielende und eine vorlesende Person, Ziel ist es, möglichst viele zusammengehörige Kartenpaare zu sammeln. Das Auswendiglernen der Gedichte spielt eine zentrale Rolle für ein erfolgreiches Spiel. Für das neue Spiel wurden die Zeichnungen und Collagen der SchülerInnen der Allegro-Grundschule verwendet. Ziel des Spiels ist es, Karten zu sammeln und diese in bestimmten Kombinationen (Yaku) auszulegen. Für jedes Yaku erhält man entsprechend Punkte. Das Spiel kann jederzeit mit neuen Haikus und Zeichnungen versehen und endlos weitergespielt werden.
Team
Lisa Werhahn ist Geigerin. Sie ist Initiatorin der „Experimentellen Musikvermittlung“ und realisierte bereits viele öffentlich geförderte Projekte für Kinder und Jugendliche u.a. beim Musikfest Bern 2009 sowie an Berliner Schulen.
Karla Reimert Montasser ist Lyrikerin und verantwortlich für den Bereich Poetische Bildung am Haus für Poesie. Sie ist im Vorstand des Bundesverbandes Netzwerk Lyrik e.V. und Gründungsmitglied des Texttonlabels KOOK. Mehrere ihrer Projekte in der Poetischen Bildung wurden ausgezeichnet, unter anderem vom Deutschen Kulturrat.
Das Ensemble KNM Berlin mit seinem Geschäftsführer Thomas Bruns steht für die lebendige, aktuelle Musikszene der Metropole Berlin. Das Ensemble präsentiert Kompositionen, Konzertinstallationen und Konzertprojekte. 2011 erhielt das KNM den Junge Ohren Preis.
Jan Wagner ist Lyriker, Übersetzer und Literaturkritiker. Mit Jan Wagners Gedichtband „Regentonnenvariationen“ erhielt erstmals ein Lyriktitel den Preis der Leipziger Buchmesse.
Dorothée Billard ist Grafikerin. Ihre künstlerische Arbeit legt den Schwerpunkt auf Zeichnung und Bücher. Billard unterrichtete an der Kunsthochschule Kolding in Dänemark, sowie an der Kunsthochschule in Berlin Weißensee.
Rebecca Lenton ist Musikerin. Sie ist seit 2002 Mitglied des KNM Berlin und gründete 2011 das KNM campus ensemble, eine Gruppe für LaienmusikerInnen, die regelmäßig in Berlin Auftritte hat.
Tobias Ribitzki ist Theaterschaffender. Er war unter anderem an der Komischen Oper Berlin engagiert. Dort lief auch seine letzte Inszenierung „Die Bremer Stadtmusikanten – Bremen Mızıkacıları“ – eine Kinderoper auf deutscher und türkischer Sprache.
Alena Paetz ist Fotografin, unter anderem verantwortlich für viele Dokumentationen bei der gGmbH Musikschule Tomatenklang.
Förderung und Kooperationen:
Kooperationspartner von #karuta waren das Team der Poetischen Bildung vom Haus für Poesie unter Leitung der Dichterin Karla Reimert Montasser, das Kammerensemble Neue Musik Berlin, die Experimentelle Musikvermittlung von Lisa Werhahn, die Allegro-Grundschule und der Verein Töne machen Leute e.V.. Die entstandenen Ergebnisse der künstlerischen, poetischen und musikalischen Arbeit wurden 2019 unter der Leitung des Regisseurs Tobias Ribitzki in eine szenische Aufführung gebracht, die in der Pumpe e.V. sowie auf dem poesiefestival berlin in der Akademie der Künste aufgeführt wurde. Das Projekt wurde gefördert durch den Berliner Senat, den Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung in der FSI, das Haus für Poesie und unterstützt vom Deutschen Literaturfonds, sowie von weiteren Sponsoren.