Werkstattbericht der young poems 2021

Werkstattbericht der young poems 2021

von Alicia Voigt

Unter der Leitung der Lyrikerin Birgit Kreipe bin ich eine der zehn TeilnehmerInnen der young poems 2021 gewesen, zum Zeitpunkt der Teilnahme war ich 16 und damit die Jüngste. Von Januar bis April haben wir uns einmal im Monat virtuell auf Zoom getroffen, um eigene wie fremde Texte zu lesen und  zu besprechen. Dabei fokussierten wir uns je Termin auf eine grundlegende poetische Frage.

Darunter die Perspektive, aus der ein Gedicht geschrieben ist: Wer spricht? Welche Aspekte sind wichtig? Welche bleiben aus? Oder aber auch poetische Bilder, die Dichtende zeichnen können.

Im Zentrum der Sitzungen haben die Texte gestanden, die in Nachbereitung des vorhergegangenen Termins und dessen poetische Frage aus uns erwachsen sind, hierzu hat es breitgefächerte Schreibaufgaben gegeben, die Birgit für uns zusammengestellt hat. Jene Gedichte wurden zu Beginn der Workshopreihe noch in der ganzen Gruppe besprochen, später dann in kleineren Break Out- Sessions. Dabei legten wir den Fokus stets auf die Aspekte, die uns gefielen, und schafften uns einen sicheren und zugleich kreativ offenen Raum, in dem wir uns ebenfalls über Begleiterscheinungen des lyrischen Schaffens haben austauschen können: Unsicherheiten und Ängste – Kann ich das wirklich? Ergibt das überhaupt Sinn? Aber auch über handwerkliche Fragen: Wann ist ein Gedicht fertig? Wo und wie genau sollten Grenzen durch Triggerwarnungen kenntlich gemacht werden?

Abgeschlossen haben wir meist mit der Vorstellung des Readers, in dem Birgit lyrische Stimmen versammelt hat, die einen Bezug zu dem Komplex verdeutlichen, auf den wir uns konzentriert haben. Im März sprachen wir über nature writing und lasen unter vielen weiteren „SCHWÄNIN“ von Alice Oswald, „qualle“ von Jan Wagner oder auch Rilkes Klassiker „Der Panther“.

Blicke ich zurück, dann kann ich sagen, gelernt zu haben, wie verschieden Lyrik sein kann und dass jede Stimme ganz grundsätzlich ihre Daseinsberechtigung hat. Auch die meine.

Begeistert hat mich, wie wir einander zu Gedichten haben inspirieren können. Entweder durch ein ganz autonomes Gedicht oder unsere breitgefächerten Schreibstile, Stimmfarben. Ich nehme mit, wie hilfreich der Austausch über Schreibprozesse hinter einem Gedicht ist und über Sorgen, die mit einem Gedicht verwoben sind, um diese zu überwinden oder zumindest distanziert betrachten zu können.

Sich über eine Hingabe kennenzulernen kann zu sehr intensiven Bindungen führen, weil sie einen bedeutenden Teil der eigenen Identität ausmacht, zugleich – vor allem im dichtenden Schreiben – etwas ist, für das keine Mehrheit ein Verständnis oder einen Zugang hat. Mich hat sehr beeindruckt, wie nahe wir einander haben kommen können, trotz der fehlenden Haptik und den gesichtslosen satt gemeinsamen Pausen, mit Kamera-gesperrten Kacheln auf Zoom.

Schreibende bekommen bei den young poems die Möglichkeit, die eigene Lyrik in einen geschützten und poetischen Raum zu entlassen, sich durch die intensive Arbeit an konkreten Texten und den Austausch über Schreibvorgänge in der eigenen Lyrik zu entdecken und im Handwerk zu wachsen. In abschließenden Lesungen bekommen die Workshopteilnehmenden die Möglichkeit, einem interessierten Publikum eine Auswahl an Arbeiten zu präsentieren.

Ich habe in meinem lyrischen Schaffen während der letzten Monate wachsen können, viele neue Dichter*innen erkundet und mindestens neun mir sehr vertraute Stimmen entdeckt, auf deren Klang und Kritik ich auch zukünftig zurückgreifen kann, wenngleich die offizielle Workshopteilnahme beendet ist. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal sehr herzlich beim Haus für Poesie und besonders bei Birgit Kreipe bedanken.